Dirk Wippern – beratung & coaching

"Begleitung von Menschen und Organisationen in die Digitale Transformation"


2 Kommentare

Warum fragt mich eigentlich keiner?

Neulich im Autohaus meines Vertrauens: Das Ende des Leasingvertrages naht. Da dachte ich mir, dass ich doch einfach mal das neueste Modell ausprobiere und eine Probefahrt mache. Ich hätte da mal eine Kaufabsicht im Angebot!

Da ich meinen Händler kenne und ich mich selbst wegen einiger privater und geschäftlicher Käufe als guten Kunden sehe (aufgenscheinlich gibt es hier Differenzen im Eigenbbild und Fremdbild) dachte ich, es wäre auch für ihn interessant, mich mit dem neuesten Modell meiner Marke fahren zu lassen. So einfach war das alles aber nicht.

Das Auto mit dem gewünschten Motor hatte sich gerade der Geschäftsfüher des Autohauses für ein langes Wochenende unter den Nagel gerissen („Weil es so schön groß ist.“) und ein alternatives Modell war nicht verfügbar. Einige Tage später war es dann soweit: Der Geschäftsführer war beulenfrei vom langen Wochenende zurück und ich konnte das Auto testen.
Zuvor durfte ich noch meine Kontaktdaten (die das Autohaus schon seit Jahren hat) in eine schlechte (Papier)kopie eintragen und meinen Führerschein herzeigen (letzteres ist natürlich OK).

Endlich im Auto, jetzt konnte es losgehen. Es roch ein wenig streng und Hundehaare zierten die Polster und lustige Abdrücke von klebrigen Kinderfingern die Seitenscheibe. Nach ergeignisloser Probefahrt lieferte ich das Auto ebenfalls beulenfrei ab (allerdings bei einem anderen Verkäufer, da sein Kollege gerade schnell „im Haus unterwegs war“) und verschwand ohne weitere Diskussionen aus dem Hochglanz-Autohaus.

Bis heute hat mich niemand nach meinem Probefahrterlebnis gerfragt (also niemand vom Autohaus…) und eines ist klar: Sollte ich diese Marke noch einmal kaufen, dann bestimmt nicht hier.

Was war passiert?

  1. Meine schlechte Erfahrung rund um das Projekt „Probefahrt“ hat das eigentliche Produkterlebnis völlig überdeckt.
  2. Das Aufschreiben meiner (bekannten) Daten auf eine schiefe Kopie eines Probefahrtformulars gab mir den Rest
  3. Das muffige und dreckige Auto setzte noch einen drauf und das Schlimmste:
  4. Niemand hat mich nach meinem Erlebnis oder meiner Bewertung oder meiner Erfahrung gefragt und das hat dann „den Sack zugemacht“.

Dabei wäre es doch so einfach (nur mal schnell so gedacht):

  1. Ich melde mich auf der Webseite meines örtlichen Händlers zu einer Probefahrt an und sehe dabei sofort die verfügbaren Fahrzeuge und die freien / besetzten Termine.
  2. Ich wähle ein Modell und einen Termin aus und erhalte die Bestätigung per e-Mail
  3. „Mein“ Verkäufer meldet sich kurz vorher per Mail und fragt nach, ob es beim Termin bleibt und ob ich noch irgendwelche besonderen Fragen habe.
  4. Zum Termin ist alles vorbereitet: Ich zeige meinen Führeschein vor und schon sitze ich im blitzsauberen Auto und fahre los.
  5. Wieder zurück nimmt mich mein Verkäufer in Empfang, bietet mir einen Kaffee an und bittet mich nach einem kurzen Plausch über meine Eindrücke noch drei bis vier kurze Fragen zu beantworten.
  6. Dazu nimmt er sein iPad und gemeinsam füllen wir einen Fragenbogen aus, der das gerade gefahrene Fahrzeug grafisch abbildet und in dem ich ganz schnell und einfach meine Meinung zum Produkt und Service eingeben kann.
  7. Zum Schluß fragt er mich noch, ob und wenn ja bis wann ich eine Neuanschaffung plane.
  8. Nach zehn Minuten verlasse ich den Autotempel mit dem guten Gefühl als Kunde ernstgenommen zu werden und mit gesteigerter Vorfreude auf ein neues Auto.
  9. Zwei Wochen später erhalte ich eine Mail mit drei Vorschlägen einer Fahrzeugkonfiguration und der Bitte, diese kurz zu bewerten sowie der Möglichkeit, eine eigene hinzuzufügen. Selbstverständlich sind verschiedene Finanzierungsoptionen ebenfalls enthalten.
  10. Eine Woche später erhalte ich wieder einen Fragebogen mit einer 3D-Grafik „Autos“ in meiner Farbe mit meinen Felgen usw… Enthalten ist ein Bestellformular, das bereits sämtliche Daten enthält und das ich nur in zwei Punkte ergänzen und wieder absenden muss.
  11. Noch ein kurzer Termin vor Ort (ohne Unterschrift geht es ja (noch) nicht) und vier Monate später steht „mein“ neues Auto im Abholbereich und freut sich auf die gemeinsamen Jahre mit mir.

Liebes Autohersteller und liebe Autohäuser:

Das ist heute alles möglich!!! Eure Produkte werden immer vergleichbarer, warum differnziert Ihr Euch nicht über tolle und begeisternde Services? Smartphones, Tabletts und Event-basiertes Feedback werten den Kauf eines Autos massiv auf und sorgen für eine nachhaltige Kundenbindung. Denkt mal darüber nach. Es ist nicht schwer, nehmt mich ernst und fragt mich ab und zu – Ich antworte Euch! Ganz bestimmt.

Herzlichst,
Dirk Wippern (Kunde)


Hinterlasse einen Kommentar

Unternehmen in Zeiten der Experience Economy

Im letzten Jahr habe ich mich sehr viel damit beschäftigt, welche Auswirkungen das Web 2.0 auf Organisationen und Unternehmen hat. Dabei ging es stets um das Unvermeidbare: Das Netz ist „sozial“ geworden – das bedeutet

  • Unternehmen verlieren die Kontrolle über Kommunikation, weil nun überall und von jedem über ein Produkt oder einen Arbeitgeber gesprochen werden kann
  • Jeder kann über alles mitreden und dabei auch den Zeitpunkt bestimmen (Sonntags, wenn die PR-Abteilung im Wochenende ist)
  • Arbeitgeber werden bei kununu bewertet und niemand kann es verbieten
  • Marketingbotschaften, die gelackt und stromlinienförmig ausgesendet werden, werden nicht gehört oder im Web 2.0 seziert
  • Intransparentes oder unkorrektes Verhalten verschwindet nicht mehr „einfach so“ von der Tagesordnung (Guttenberg / Wulff)
  • Fassaden werden eingerissen und das, was übrig bleibt, wird offensichtlich.

Noch vor zwei Jahren haben alle das „soziale Netz“ bestaunt und über die Autisten gelästert, die bei Facebook und Twitter ihre Kohlenstoff-Freunde gegen virtuelle Friends & Follower eingetauscht haben. 900 Millionen Menschen später wird es langsam klarer: Es gibt nicht „die sozialen Netzwerke“, sondern das Netz ist insgesamt „sozial“ geworden. Fast jede Webseite lädt zum Kommentieren ein, kein Webshop ohne Produktbewertungen, Facebook, Twitter, Google+, Youtube sind ubiqutär und Bestandteil jeder ernsthaften Kommunikationsstrategie.

Gut so! Denn es gibt einen Nebeneffekt, der die Welt auf ewig verändern wird: Transparenz und Authentizität halten Einzug in die Organisation und stellen die vorhandenen Strukturen vor große Herausforderungen. Wer will, kann heute schon ehrliches Feedback über seine Produkte, Services, sein Ansehen als Arbeitgeber erhalten. Zukünftig wird das auch keine Option mehr sein, sondern ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Unternehmen: Willkommen in der Experience Economy! Kunden wollen ihre Meinung sagen und wollen zunehmend z.B. auf die Produktentwicklung Einfluss nehmen.

Doch viele scheuen sich und haben erst einmal eine Phalanx aus Agenturen zwischen den Webnutzern und dem Unternehmen gestellt (ähnlich den Callcentern, die viel zu oft als Firewall zwischen Kunden und Unternehmen fungieren). Hat man früher resigniert und frustriert eine Stunde in der Warteschleife verbracht um dann wissensbefreite Auskünfte zu erhalten (und eine entsprechende Telefonrechnung), ist das heute nicht mehr akzeptabel. Wer bei Facebook oder Twitter vertreten ist, muss schnell und kompetent reagieren. Hier gibt es mittlerweile sehr gute Beispiele: Ich kann den Kundensupport bei Twitter der Deutschen Telekom (@telekom_hilft) oder Unitymedia (@unitymedia) wärmstens empfehlen. Dell und andere Vorreiter sind mittlerweile schon fast legendär.

2012 wird nun das Jahr der Professionalisierung! Das lese ich aus den einschlägigen Blogs der Social Media Berater heraus. Fast alle haben Erfahrungen im social web gesammelt und beginnen nun, die Organisationen zu verändern.

Ein wesentlicher Punkt dabei wird sein, Kunden und Mitarbeiter (um hier zwei sehr wichtige Gruppen zu nennen) über eine echte Feedback-Kultur in einen andauernden Dialog einzubinden. Nach einer Gartner Studie befragen mittlerweile 95% der Unternehmen regelmäßig ihre Kunden und Mitarbeiter. Allerdings lassen nur 5% der Unternehmen die Ergebnisse in konsequente Umsetzungen einfliessen. Damit werden sehr wertvolle Impulse nicht aufgenommen und die Chance zur nachhaltigen Veränderung zum  Besseren wird vergeben.

Neben der Möglichkeit über Dialoge die Qualität von Produkten und Services oder das Image als Arbeitgeber zu verbessern, bietet ein strukturiertes Feedback auch die Chance, seine Kunden besser zu verstehen und somit auch die Leistungen immer besser auf die konkreten Bedarfe zuzuschneiden. CRM Systeme, die bisher transaktionsorientiert gestaltet wurden, werden angereichert durch die Ergebnisse strukturierter Befragungen und werden so zum „social CRM“ (SCRM). Setzen Unternehmen also sogenannte „Enterprise Feedback Management (EFM-) Systeme“ ein, sind sie in der Lage, ehrliche und schnelle Rückmeldungen einzuholen und die richtigen Aktionen daraus abzuleiten.

Das Ganze ist gar nicht so komplex, wenn die Organisation es will und die Führungskräfte es aktiv unterstützen:

  • Aussenden einer kurzen Befragung nach einem Projektabschluss
  • Einholen von Feedback nach einem Vertriebstermin
  • Befragen von Kunden, die gekündigt haben
  • Befragen der Mitarbeiter zur Zufriedenheit
  • 360 Grad Bewetung von Führungskräften
  • Bewertung von Produkten

Es gibt unzählige Möglichkeiten, eine ehrliche Rückmeldungen seiner „peers“ zu erhalten, wenn man es denn will.

Denn eines ist klar: Feedback kann auch unbequem sein, allerdings ist das eine riesen Chance, die Kunden und Mitarbeiter auch weiterhin an das Unternehmen zu binden und die Organisation konsequent weiter zu entwickeln.

Ich werde an dieser Stelle berichten, wie sich das Thema weiter entwickelt und freue mich auf Kommentare hier im Blog.