Dirk Wippern – beratung & coaching

"Begleitung von Menschen und Organisationen in die Digitale Transformation"


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Holt die Führungskräfte an Bord!

Dr. Willm Buhse schreibt in seinem aktuellen Buch „Management by Internet„:

„Unternehmen müssen Strukturen überdenken, offene Dialoge wagen, kooperativ handeln. Dafür ist ein neues Denken nötig, das internettypische Werte wie Vernetzung, Offenheit, Partizipation, Agilität in die Führung integriert.“ 

Doch wer in den Unternehmen muss die Strukturen überdenken und Neues wagen? Die Unternehmensleitung! Sie muss sich die relevanten Fragen stellen und ihre Organisation erfolgreich weiterentwickeln. Sie muss Veränderungen anstoßen und langfristig im Unternehmen verankern.

Das gilt selbstverständlich auch und ganz besonders für Social Collaboration oder Enterprise 2.0 Projekte!

In meinen Projekten erlebe ich es immer wieder:

Veränderungen, die von den Führungskräften nicht mitgetragen und eingefordert werden, werden niemals nachhaltig und langfristig im Arbeitsalltag gelebt!

Führungskräfte sind in einem Dilemma: Zum einen sind sie oft in der gelernten Welt der „stretched targets“, starren Businesspläne und Hierachie-getriebenen Kommunikation verhaftet, zum anderen fordern die Globalisierung, die Kunden und neuerdings auch die Mitarbeiter immer innovativere und flexiblere Lösungen, Produkte und Services.

Die dazu genutzten Werkzeuge wie E-Mail, Dateiserver, Präsenzmeetings und Telefon sind mittlerweile an ihre natürlich Grenzen gekommen. Sie sind ausgereizt, ausoptimiert und behindern das eigentlich Notwendige: Den schnellen, unkomplizierten und vernetzten Austausch innerhalb des gesamten Unternehmens – am besten noch unter Einbeziehung der Kunden und Partner.

In dieser Situation (starker Druck von Außen und Innen) fallen Veränderungen schwer, weil „alle so viel zu tun haben und gar nicht dazu kommen!“. Wenn die Unternehmensleitung und das Führungsteam jetzt nicht von dem strategischen Nutzen von Social Collaboration Plattformen überzeugt sind (die mittlerweile in vielen Studien nachgewiesen sind) und in ihren Bereichen dafür sorgen, dass sich die „neuen“ Arbeitsweisen etablieren, dann werden die Mitarbeiter nicht folgen und weiter in ihren alten Verhaltensweisen verharren.

Hier funktioniert der bequeme „provide & pray“ Ansatz (IT-Abteilung stellt Yammer, SharePoint, Connections, etc. technisch bereit und alle hoffen, dass die Organisation schon damit umgehen kann) überhaupt nicht und ist mit ein Grund für das Scheitern der meisten Social Collaboration Projekte.

 

Das sind die 8 wichtigsten Punkte auf dem Weg zum vernetzten Unternehmen:

  1. Erarbeiten des strategischen Nutzens für das Unternehmen – wie wichtig ist der Wissensaustausch und vernetztes Denken und Handeln für unser Geschäftsmodell?
  2. Ableiten von Handlungsfeldern aus der Strategie – wobei hilft uns Vernetzung, Austausch und schnelle Zusammenarbeit am besten weiter? Aus diesen Erkenntnissen werden dann die konkreten Anwendungsfälle abgeleitet
  3. Verständnis für die neuen Arbeitsweisen erzeugen und die Rolle der Führungskräfte auf der Plattform klären – Hier geht es um Loslassen, Schaffen einer Vertrauens- und Fehlerkultur, die es den Mitarbeitern erlaubt, sich aktiv, offen und kritisch einzubringen
  4. Die neuen Arbeitsweisen einführen – alle müssen verstehen, was Social Collaboration mit ihnen zu tun hat. Dazu Bedarf es zielgerichteter Einführungsformate, die sich an alle Beteiligten richten.
  5. Selbst dabei sein – „Präsent sein“ und „sich bewegen“ auf der Plattform sind die beiden wichtigsten Tipps für Führungskräfte. Auch virtuell müssen sich die Chefs um ihre Mitarbeiter kümmern und Vorbild sein.
  6. Altes Abschalten – Führungskräfte müssen die alten Verfahrensweisen beenden, wenn Neue vereinbart sind. Werden Projekte zukünftig auf der Plattform dokumentiert? Gut, dann gibt es keine Mails oder Dateien in Projektverzeichnissen mehr!
  7. Neues (liebevoll aber bestimmt) Einfordern – Führungskräfte müssen von ihren Mitarbeitern die neuen Arbeitsweisen einfordern. Das braucht Zeit, muss aber immer wieder thematisiert werden (z.B. in Abteilungs-Meetings).
  8. Geduld haben und aus Rückschlägen lernen – Wenn die Strategie stimmt, werden Rückschläge in Einzelfällen nicht das gesamte Projekt gefährden, sondern zu Verbesserungen und Anpassungen im Detail führen.

 
Werden diese Punkte berücksichtigt und „sauber“ erarbeitet und ausgeführt, dann werden auch die meisten Führungskräfte den Nutzen für sich und ihre Organisation erleben und die andere Art des Arbeitens sehr hilfreich und oft sogar als weniger stressig empfinden!


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Sein letzter Schrei – Führung in Zeiten von Social Business

Heute schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung über Felix Magaths Rauswurf beim VfL Wolfsburg. Magath wird als Despot beschrieben, der bei Spielern und Angestellten ein System aus „Macht, Druck und Angst“ etabliert hat.
Dabei war Magath in der Vergangenheit mit diesem Ansatz durchaus erfoglreich: Er führte Bayern und Wolfsburg zur Meisterschaft und machte die lahmen Schalker wieder flott.

Und heute? Sein System ist augenscheinlich gescheitert. Spieler und Mitarbeiter sind heilfroh, ihren Diktator losgeworden zu sein.

Und was hat das mit Social Business zu tun?

Schon 1999 schrieben die Autoren des Cluetrain Manifests in ihren 95 Thesen:
„(93) We’re both inside companies and outside them. The boundaries that separate our conversations look like the Berlin Wall today, but they’re really just an annoyance. We know they’re coming down. We’re going to work from both sides to take them down.“

1 Milliarde Facebook Nutzer später versuchen immer mehr Unternehmen die Prinzipien von Social Media auch innerhalb der Unternehmensgrenzen zu nutzen.
Es geht um Vernetzung, hierarchierfreie Kommunikation auf Augenhöhe mit Kunden und Mitarbeitern, abteilungsübergreifende Lösungskompetenz und exzellenten Kundenservice.

Wie das geht? Durch einen Kulturwandel hin zu einer offenen und hierarchiefreien Kommunikation und der Einführung von Tools mit denen Mitarbeiter sich vernetzen können und ihre Aufgaben einfach und schnell erledigen können.

„Wenn wir wüssten, was wir wüssten“ – das sagen viele Unternehmen über sich und meinen, dass das Wissen der Mitarbeiter in ihren Köpfen, ihren Mailpostfächern und ihren Abteilungen versickert. Social Business hilft diesen Zustand aufzubrechen:

Holen Sie sich Facebook oder Google+ ins Unternehmen. Nein, nicht die echten Tools, aber die Funktionen. Nutzen Sie Microblogs, Blogs, Wikis und lassen Sie ihre Mitarbeiter sich untereinander vernetzen.

Sie werden sehen:

  1. Das E-Mail Aufkommen wird stark sinken
  2. Sie kommen schneller an relevante Informationen
  3. Es bilden sich virtuelle Teams, die Kundenprobleme rasend schnell lösen
  4. Sie erhalten Informationen aus anderen Abteilungen, Niederlassungen oder Ländern, die vorher nicht verfügbar waren
  5. Die Loyalität ihrer Mitarbeiter steigt, weil sie sich untereinander vernetzen können und gemeinsan an spannenden Aufgaben arbeiten und ihre Ergebnisse wieder allen zur Verfügung stellen können.

Probieren Sie es aus. Sie werden erstaunt sein, welche positiven Veränderungen schnell sichtbar werden.

Nur: Despoten haben im Social Business keinen Platz. Sie verlieren die Kontrolle und sind somit machtlos. Führungskräfte im Social Business müssen ihren Führungsstil hin zu Moderation und Mitarbeiter-Coaching entwickeln. Das ist herausfordernd und nicht immer leicht. Aber in Zeiten des Fachkräftemangels wird das Halten von bewährten Mitarbeitern zu ersten Managerpflicht. Geld ist dabei längst nicht alles!

Social Business kann helfen, Ihre Organisation fit für die Zukunft zu machen.

Sie glauben das nicht oder haben Fragen? Schreiben Sie mir – ich berichte gerne von meinen Erfahrungen aus drei echten Social Business Projekten unterschiedlicher Größe.

Herzlichst, Ihr Dirk Wippern


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Unternehmen in Zeiten der Experience Economy

Im letzten Jahr habe ich mich sehr viel damit beschäftigt, welche Auswirkungen das Web 2.0 auf Organisationen und Unternehmen hat. Dabei ging es stets um das Unvermeidbare: Das Netz ist „sozial“ geworden – das bedeutet

  • Unternehmen verlieren die Kontrolle über Kommunikation, weil nun überall und von jedem über ein Produkt oder einen Arbeitgeber gesprochen werden kann
  • Jeder kann über alles mitreden und dabei auch den Zeitpunkt bestimmen (Sonntags, wenn die PR-Abteilung im Wochenende ist)
  • Arbeitgeber werden bei kununu bewertet und niemand kann es verbieten
  • Marketingbotschaften, die gelackt und stromlinienförmig ausgesendet werden, werden nicht gehört oder im Web 2.0 seziert
  • Intransparentes oder unkorrektes Verhalten verschwindet nicht mehr „einfach so“ von der Tagesordnung (Guttenberg / Wulff)
  • Fassaden werden eingerissen und das, was übrig bleibt, wird offensichtlich.

Noch vor zwei Jahren haben alle das „soziale Netz“ bestaunt und über die Autisten gelästert, die bei Facebook und Twitter ihre Kohlenstoff-Freunde gegen virtuelle Friends & Follower eingetauscht haben. 900 Millionen Menschen später wird es langsam klarer: Es gibt nicht „die sozialen Netzwerke“, sondern das Netz ist insgesamt „sozial“ geworden. Fast jede Webseite lädt zum Kommentieren ein, kein Webshop ohne Produktbewertungen, Facebook, Twitter, Google+, Youtube sind ubiqutär und Bestandteil jeder ernsthaften Kommunikationsstrategie.

Gut so! Denn es gibt einen Nebeneffekt, der die Welt auf ewig verändern wird: Transparenz und Authentizität halten Einzug in die Organisation und stellen die vorhandenen Strukturen vor große Herausforderungen. Wer will, kann heute schon ehrliches Feedback über seine Produkte, Services, sein Ansehen als Arbeitgeber erhalten. Zukünftig wird das auch keine Option mehr sein, sondern ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Unternehmen: Willkommen in der Experience Economy! Kunden wollen ihre Meinung sagen und wollen zunehmend z.B. auf die Produktentwicklung Einfluss nehmen.

Doch viele scheuen sich und haben erst einmal eine Phalanx aus Agenturen zwischen den Webnutzern und dem Unternehmen gestellt (ähnlich den Callcentern, die viel zu oft als Firewall zwischen Kunden und Unternehmen fungieren). Hat man früher resigniert und frustriert eine Stunde in der Warteschleife verbracht um dann wissensbefreite Auskünfte zu erhalten (und eine entsprechende Telefonrechnung), ist das heute nicht mehr akzeptabel. Wer bei Facebook oder Twitter vertreten ist, muss schnell und kompetent reagieren. Hier gibt es mittlerweile sehr gute Beispiele: Ich kann den Kundensupport bei Twitter der Deutschen Telekom (@telekom_hilft) oder Unitymedia (@unitymedia) wärmstens empfehlen. Dell und andere Vorreiter sind mittlerweile schon fast legendär.

2012 wird nun das Jahr der Professionalisierung! Das lese ich aus den einschlägigen Blogs der Social Media Berater heraus. Fast alle haben Erfahrungen im social web gesammelt und beginnen nun, die Organisationen zu verändern.

Ein wesentlicher Punkt dabei wird sein, Kunden und Mitarbeiter (um hier zwei sehr wichtige Gruppen zu nennen) über eine echte Feedback-Kultur in einen andauernden Dialog einzubinden. Nach einer Gartner Studie befragen mittlerweile 95% der Unternehmen regelmäßig ihre Kunden und Mitarbeiter. Allerdings lassen nur 5% der Unternehmen die Ergebnisse in konsequente Umsetzungen einfliessen. Damit werden sehr wertvolle Impulse nicht aufgenommen und die Chance zur nachhaltigen Veränderung zum  Besseren wird vergeben.

Neben der Möglichkeit über Dialoge die Qualität von Produkten und Services oder das Image als Arbeitgeber zu verbessern, bietet ein strukturiertes Feedback auch die Chance, seine Kunden besser zu verstehen und somit auch die Leistungen immer besser auf die konkreten Bedarfe zuzuschneiden. CRM Systeme, die bisher transaktionsorientiert gestaltet wurden, werden angereichert durch die Ergebnisse strukturierter Befragungen und werden so zum „social CRM“ (SCRM). Setzen Unternehmen also sogenannte „Enterprise Feedback Management (EFM-) Systeme“ ein, sind sie in der Lage, ehrliche und schnelle Rückmeldungen einzuholen und die richtigen Aktionen daraus abzuleiten.

Das Ganze ist gar nicht so komplex, wenn die Organisation es will und die Führungskräfte es aktiv unterstützen:

  • Aussenden einer kurzen Befragung nach einem Projektabschluss
  • Einholen von Feedback nach einem Vertriebstermin
  • Befragen von Kunden, die gekündigt haben
  • Befragen der Mitarbeiter zur Zufriedenheit
  • 360 Grad Bewetung von Führungskräften
  • Bewertung von Produkten

Es gibt unzählige Möglichkeiten, eine ehrliche Rückmeldungen seiner „peers“ zu erhalten, wenn man es denn will.

Denn eines ist klar: Feedback kann auch unbequem sein, allerdings ist das eine riesen Chance, die Kunden und Mitarbeiter auch weiterhin an das Unternehmen zu binden und die Organisation konsequent weiter zu entwickeln.

Ich werde an dieser Stelle berichten, wie sich das Thema weiter entwickelt und freue mich auf Kommentare hier im Blog.


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Dialog auf Augenhöhe – Das Netz und der Arbeitsmarkt

Anfang November darf ich beim Bitkom in Köln einen Impulsvortrag zum Thema: „Verschwindet der Arbeitsmarkt im Netz?“ halten. Zusammen mit Referenten, die vornehmlich aus der Personaler-Szene kommen, werden wir das Thema von unterschiedlichen Standpunkte aus betrachten.

Ich denke schon länger darüber nach, was ich dazu beitragen kann. Einerseits bin ich als (noch) Geschäftsführer (bis 31.10.2011) bei INFOnline kein Personaler, anderseits kümmere ich mich natürlich auch um Einstellungen und bin privat und beruflich im Netz aktiv.

Also mache ich das, was ich am besten kann: Ich erzähle von meinen Erfahrungen, die ich im Zusammenhang mit „Arbeitsmarkt & Internet“ in den letzten Jahren gemacht habe.

Die Geschäftsführerposition bei INFOnline ist mir 2004 über Xing angeboten worden. Meine zukünftige Position bei Globalpark habe ich ebenfalls über „mein Netzwerk“, das ich seit vielen Jahren off- und online pflege, bekommen. Daraus könnte ich schließen, dass bei Fach- und Führungskräften die Vermittlung von Jobs über Netzwerke erfolgt und funktioniert.

Bei INFOnline haben wir ebenfalls einige Kollegen über das Netz akquiriert oder sind auf interessante Profile aufmerksam gemacht worden (z.B. über eine Empfehlung aus einer Foto-Community).

Allerdings: Das ist nur die „transaktionale Sicht„. Hier werden Profile, Stellenanzeigen oder -gesuche einfach in das Netz „verlängert“ und verbreitern somit die traditionellen Wege, neue Mitarbeiter zu finden.

Spannend wird es dann, wenn man jenseits der transaktionalen Sicht auf das Netz schaut: Mittlerweile ist die Entwicklung des Internets zum „sozialen Netz“ nicht mehr aufzuhalten. Überall wird geredet und geschwatzt. Kein Artikel bleibt unkommentiert, kein Politiker kann sich seiner Doktorarbeit noch sicher sein, kein Hersteller kann Produktfehler verschleiern.

Dabei geht es nicht nur um die Platzhirsche wie Facebook, Google+, Twitter und all die anderen social networks, sondern auch um Bewertungen bei Amazon, Kommentare bei Holidaycheck, Empfehlungen bei Globetrotter oder die Arbeitgeberbewertung bei kununu. Jeder kann sich einbringen, bewerten, seine Meiung sagen. Vor allen Dingen kann er dieses sehr schnell einem großem Publikum mitteilen. Das ist der entscheidende Unterschied zu der guten alten Zeit: Geredet wurde schon immer, bloß die Zahl der Zuhörer kann im sozialen Netz dramatisch größer sein, als früher am Tresen, in der Schule oder im Sportverein.

Wie schon die klugen Vordenker 1999 im „cluetrain manifesto“ beschrieben: Das Netz wird eine „human to human communication“ ermöglichen. Menschen reden mit Menschen. Das bedeutet für mich, dass nicht nur in der Werbung und im Marketing ein Umdenken hin zu authentischer Kommunikation einsetzt, sondern ganz besonders auch im Personalwesen. Der kritische Konsument ist eben auch gleichzeitig potentieller Mitarbeiter und kann sich in dieser Rolle den gleichen Instrumenten bedienen, die er auch als Verbraucher nutzt, um Lob und Tadel im Web zu verbreiten.

Wenn wir tatsächlich einen „war for talents“ oder Fachkräftemangel haben und sich die gut qualifizierten Arbeitnehmer aussuchen können, wo sie arbeiten wollen, dann braucht es mehr, als Hochglanzbroschüren und blutarme „Firmen-Philosophien“, bei den der Mensch im Mittelpunkt steht, aber die Chefs ihre „Untergebenen“ regelmäßig anbrüllen und haarklein kontrollieren.

Die Beschallung der potentiellen Menschen mit Marketing-Hülsen wird einer ehrlichen und einfachen Kommunikation weichen müssen. Alles, was sich aus Sicht von neuen Mitarbeitern als nicht wahr oder sehr stark übertrieben herausstellt kann heute gnadenlos kommentiert werden und so weitere potentielle Bewerber abschrecken.

Somit hält hier ebenso der Transparenzgedanke Einzug, der schon KTG (guttenplag) zu Fall gebracht hat oder Dell zwischenzeitlich Umsatzrückgänge (Jeff Jarvis) verschafft hat und sogar bei Nestlé für schlechte Stimmung gesorgt hat (Anti-Kitekat-Kampagne). Blöd nur, dass die meisten Unternehmen überhaupt nicht darauf eingestellt sind und sich nicht oder nur unzureichend um diesen Paradigmenwechsel kümmern.

Wie könnte es gehen?

  • Was wäre, wenn z.B. Azubis in einem Unternehmen einen eigenen Blog schreiben und über ihrer Erfahrungen im Unternehmen berichten?
  • Was wäre, wenn Bewerber nicht mit der Personalabteilung, sondern direkt via Facebook, Xing oder Blogs mit ihren potentiell neuen Kollegen sprechen können?
  • Was wäre, wenn das Image des Unternehmens nicht durch die Marketingabteilung, sondern durch bloggende und twitternde Mitarbeiter geschaffen wird?
  • Was wäre, wenn die Chefs sich ihre Mails nicht mehr ausdrucken lassen, sondern ihrem Unternehmen ein Gesicht und ein Herz geben, indem sie selbst einen Blog oder eine Facebookseite schreiben?

„Geht nicht, kennen wir nicht, haben wir so noch nie gemacht und ausserdem verlieren wir die Kontrolle.“ – das sind die stereotypen Antworten auf solche Ideen. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber ich höre immer wieder: „Klingt interessant, geht bei uns aber nicht, weil ….“

Ich meine: Es muss gehen, wer nicht den Dialog auf Augenhöhe ehrlich sucht, wird zukünftig den Wettbewerb um gute Leute verlieren.

  • Wer nicht anständig mit seinen Leuten umgeht, für den wird es immer schwerer, gute neue Mitarbeiter zu finden.
  • Wer Transparenz und Mitarbeiterorientierung nur in Hochglanzbroschüren bewirbt, wird entlarvt und zukünftig durch Nichtbeachtung gestraft.
  • Wer seine Organisation zukünftig nicht von Herrschaftswissen auf „Wissen-teilen“ umstellt, wird es schwer haben, gute Leute zu gewinnen.

Gerade der letzte Punkt liegt mir persönlich sehr am Herzen:

Wir haben bei INFOnline 2009 beschlossen, uns auf den Weg zu einem „Enterprise 2.0“ zu machen. Dabei geht es u.a. darum, dass geteiltes Wissen einen deutlich größeren Wert hat, als Expertenwissen, was nicht preisgegeben wird. Wir haben einen langen Prozess gestartet, der alle Mitarbeiter motivieren soll, sein Wissen in Blogs, Wikis mit anderen zu teilen und auch die Kommunikation mit externen Partner und Kunden einzubeziehen.

Sehr wichtig war die Entscheidung, interne Mails weitestgehend durch Blogs und Wikis zu ersetzen, die für jeden einfach über den Browser zu bedienen sind. Mittlerweile sind aus den E-Mail-Silos, in den das Wissen oft jahrelang liegt, ohne genutzt werden zu können viele verschiedene Informationsberge und -hügel geworden, die allen offen stehen und zunehmend als „Betriebssystem“ von INFOnline funktionieren.

Der nette Nebeneffekt: Deutlich weniger Mails, weniger Besprechungen und mehr Transparenz – so habe ich zum Beispiel alle Mitarbeiter immer sofort über neue Entwicklungen bei der Suche nach meinem Nachfolger über eine Wiki Seite informiert.

Und zu guter letzt: Wir können innerhalb der Organisation üben, lernen und Fehler machen. Der nächste Schritt muss es nun sein, INFOnline auch nach Aussen ein Gesicht zu geben und möglichst viele Mitarbeiter dazu zu animieren, ihre erlernten Fähigkeiten (bloggen, twittern) auch im Netz einzusetzen, um sich selbst und dem Unternehmen eine guten Reputation zu verschaffen.

Und nun?: Unternehmen müssen sich grundsätzlich verändern! Herrschaftswissen abzubauen bedeutet, Informationen hierarchiefrei zur Verfügung zu stellen, damit alle darüber nachdenken können. Mitarbeiter zu Botschaftern für das Unternehmen zu machen, bedeutet Kontrollverlust. Mitarbeiter zu Überzeugungstätern zu machen, bedeutet, sie fair und gut zu behandeln und sie zu fordern und zu fördern. Das wirkt sich dann auch auf Bewerber aus: Wenn potentielle Kollegen begeisterte Markenbotschafter in eigener Sache sind, hat man schon sehr viele gute Argumente auf seiner Seite!


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Zeitsouveränität und flexibles Arbeiten – geht das auch als Angestellter?

Ich bin ein glühender Anhänger der Idee des „Freiangestellten“, die von Markus Albers in seinem Buch „Morgen komm ich später rein“ beschrieben wird (das Buch kann ich wirklich empfehlen).

Die Idee dahinter ist, dass ein „Wissensarbeiter“ eigentlich nur einen Rechner und eine Internetanschluss benötigt. um arbeiten zu können und sich somit von der reinen Anwesenheitskultur freimachen kann. Damit sollte es doch sehr einfach sein, mit alten Gewohnheiten zu brechen und die altbewährte „9 to 5“ Mentalität abzulegen und gegen ein flexibles und selbstbestimmtes Arbeiten zu tauschen.

Meine Erfahrungen sind allerdings, dass viele Organisationen zwar ihre Webseite mit der schönen neuen Arbeitswelt „bespielen“, sich aber in der Umsetzung sehr schwer tun (und z.B. Homeoffice nur auf Antrag genehmigen oder nach wie vor eine Zeitverschreibung haben). Auch viele „Freiangestellte in spe“ wollen sich nicht so leicht von ihren Glaubensätzen abbringen lassen, dass eine möglichst lange Anwesenheit im Büro mit Leistung gleichzusetzen ist. Immerhin haben wir das so über Jahrzehnte gelernt und von unseren Eltern überliefert bekommen. Schließlich sind da noch die Chefs, die oft „Kontrollfreaks“ sind und ihre „Untergebenen“ auch so führen. Am Ende müssen also nicht nur Chefs überzeugt werden, es sind oft gerade die Mitarbeiter, die sich sehr schwer mit der Unmsetzung dieses Gedankens tun.

Und jetzt? Ist das nun die nierderschmetternde Analyse eines verzweifelten „Freiangestellten“ der das flexible Arbeiten über alles schätzt, selber Chef ist und sich wundert, wie schwer sich die Umwelt damit tut?

Vielleicht, aber ich bin nicht bereit, die Idee aufzugeben!

Ich glaube einfach, dass das Folgende richtig ist:

  1. Menschen sind grundsätzlich intrinsisch motiviert, wollen gute Leistungen bringen und sich im Sinne ihres Unternehmens oder ihrer Organisation einsetzen – ich muss sie also nicht ständig kleinteilig kontrollieren. Ich muss aber dafür sorgen, dass jeder weiss, was von ihm erwartet wird und für welchen Aufgaben er / sie die Verantwortung trägt.
  2. Menschen sind zufriedener und leistungsfähiger, wenn sie selber bestimmen können, wie sie ihre verschiedenen Lebenswelten unter einen Hut bringen – ich kann es also meinen Mitarbeitern überlassen, ob sie die Kinder nachmittags von der Schule abholen und danach arbeiten oder einen Einkauf am Vormittag erledigen, weil es dann schneller geht oder ins Büro kommen, wenn der Stau sich wieder aufgelöst hat.
  3. Menschen sind im Büro oft gar nicht kreativ und produktiv – Störer wie Kollegen, Telefon und „Spontanbesprechungen“ sind Garanten für viele Unterbrechungen und einen ständigen Neustart der Aufgabe an der wir gerade arbeiten. Ich darf also hinterfragen, wieso die Leute nicht einfach dort arbeiten, wo sie es am besten können.
  4. Menschen geben den Vertrauensvorschuss durch Loyalität und gute Leistungen wieder zurück. Natürlich kann das System auch ausgenutzt werden. Aber: Schlechte Leistungen und Illoyalität gibt es immer und in allen Systemen.

Ich meine damit nicht, dass jeder nur noch sozial isoliert, verlottert und stinkend in seiner vermüllten 2-Zimmerwohnung arbeitet und sich einen Anzug anzieht, mit dem Bus um den Block fährt, um dann wieder im Homeoffice anzukommen nur um einen Arbeitsweg zu simulieren, wie es Verena Meyer eindrucksvoll im Tagesspiegel schreibt.

Ich meine, dass jeder für sich herausfinden muss, unter welchen Bedingungen er / sie den besten Interessensausgleich zwischen den Lebenswelten herstellen kann und gute Leistungen erbringen kann. Das ist für mich die Basis für persönliche Zufriedenheit und ein langfristiges Engagement in Unternehmen. Das kann aber nur jeder selbst tun und die Unternehmen können die Rahmenbedingungen setzen, in dem sie ihre Mitarbeiter wie richtige Erwachsene behandeln, die autonom entscheiden.

Hier wünsche ich mit mehr Mut und Offenheit auf beiden Seiten: Chefs sollen ruhig einmal testen, wie sich das anfühlt, die vermeintliche Kontrolle zu verlieren ( es muss ja nicht gleich so furchtbar sein, wie in diesem Video) und Mitarbeiter sollen einmal erfahren, wie es ist, an ungewöhnlichen Orten zu arbeiten oder zu Zeiten einzukaufen, in denen nichts los ist, ohne dafür Urlaub nehmen zu müssen.

Wichtig ist: Nichtanwesenheit im Büro ist kein Zeichen für Faulheit – vielleicht ist der Kollege gerade beim Sport und denkt über das nächste Produkt nach oder hat eine zündende Idee, wie das Projekt doch noch erfolgreich beendet werden kann.

Andererseits: Bürozeiten sind natürlich immer noch wichtig. Besprechungen oder Abstimmungen zu Projekten funktionieren immer noch am besten, wenn man sich gegenüber sitzt. Aber vielleicht geht es ja alles ein wenig offener und flexibler. Dafür werde ich weiter werben und ich werde auch als Chef meine Mitarbeitern weiterhin anspornen, sich auch in dieser Hinsicht weiter zu entwickeln.

Meine Erfahrung bei der konkreten Umsetzung dieses Prinzips: Es geht sehr gut, die Leistungen des Unternehmens steigen, die Fluktuation bleibt niedrig, das Unternehmen wird für neue Mitarbeiter attraktiver, die meisten Mitarbeiter kommen gut damit zurecht, eigenverantwortlich zu handeln. Die, die das System ausnutzen, werden schnell sichtbar und müssen ihr Verhalten korrigieren. Das Büro ist nie ganz leer (das ist auch nicht das Ziel) aber jeder kann entscheiden, wo und wann er / sie arbeitet. Es gibt noch organisatorische Einschränkungen (z.B. Anwesenheit im Telefonsupport) aber im Großen und Ganzen sind alle zufrieden und die meisten wollen nicht mehr anders arbeiten – was wiederum eine echte Herausforderung für potentielle neue Arbeitgeber ist.

Noch ein Tip für die Chefs: Lebt es vor, geht nicht ins Büro, wenn Ihr woanders besser arbeiten könnt und sowieso keine Zeit für Gespräche und persönliche Kontakte habt. Schreibt in Eure Kalender, dass ihr beim Sport seit oder am Nachmittag zu Hause oder im Cafe arbeitet. Und vergesst nie: Ein Smartphone und ein Notebook kann man auch getrost einmal auslassen oder stumm schalten ;-).

Hier gibt es noch ein interessantes Interview von Markus Albers im Cafe Einstein in Berlin aus dem Jahr 2008: